In meinem letzten Beitrag für dieses Jahr möchte ich den menschlichen Kontakt thematisieren. Wir wissen heute, dass Berührungen und Umarmungen nicht nur für unser Wohlbefinden, sondern in einem ganz erheblichen Umfang auch für unsere Gesundheit eine Rolle spielen.
Wer zu wenig davon bekommt, der leidet. Bei Kindern kann ein Mangel an Körperkontakt ganz dramatische Auswirkungen haben, die bis zur existenziellen Bedrohung reichen. Bei Erwachsenen, die lange Zeit zu wenig oder gar nicht umarmt oder berührt werden, kann der fehlende Körperkontakt zu chronischem Stress, Burnout oder mittelschweren Depressionen führen.
Ein Defizit an Körperkontakt schränkt aber nicht nur das Wohlbefinden ein, es kann sogar das Immunsystem schwächen. Auch sogenannte Körperwahrnehmungsstörungen wie z.B. Magersucht oder Bulimie können durch fehlenden Körperkontakt begünstigt werden.
Viele von uns haben es doch mit Sicherheit – gerade nach der langen Zeit, in der wir täglich mit Hinweisen auf „Abstandhalten“ und „Kontaktbeschränkungen“ konfrontiert wurden – selber erlebt oder aus dem Familien- und Freundeskreis gehört. Diese lange Zeit völlig ohne oder sehr eingeschränkten Zuwendungen, hat sehr vielen Menschen zugesetzt. Selbst Menschen, die in einer Partnerschaft und mit Familienangehörigen in einem Haushalt lebten, waren davon betroffen.
Ich habe es in ganz vielen Gesprächen und Zuschriften – vor allem während der Corona-Zeit – immer wieder gehört und gelesen, wie sehr die menschliche Nähe gefehlt hat. Nicht nur – aber vor allem eben auch im Krankheitsfall. Da waren dann natürlich in ganz besonderem Maße die Alleinstehenden von betroffen, weil selbst die raren Besuche der sonstigen Kontaktpersonen wegfielen. Menschen die auf Pflegekräfte angewiesen sind oder in Pflegeheimen leben, mussten damit zurechtkommen, dass durch dieses Abstandhalten nicht einmal die kleinsten Berührungen möglich waren oder auf ein absolutes Minimum beschränkt wurden.
Mir schickte vor wenigen Tagen eine Ratsuchende, der ich mögliche Behandlungsoptionen zu der Krankheit ihres Mannes aufgezeigt hatte, ihr Dankeschön in Form einer wunderschönen Karte. Darauf zu sehen sind Menschen die sich Umarmen und als Text steht darunter:
„Wir Menschen brauchen täglich 16 Umarmungen um glücklich zu sein“.
Ergänzend hatte sie hinzugefügt, dass sie mir schon einmal zwei ganz besonders liebevolle Umarmungen mit dieser Karte mitschickt und dass sie hofft, dass mir viele weitere Umarmungen im persönlichen Austausch möglich sind.
Ausführlich schrieb sie dann darüber, wie deutlich sie und ihr Mann spüren, dass die sonst so liebevollen Zuwendungen der Kinder und Enkelkinder seit der Coronazeit fehlen. Man wohnt in derselben Straße und sieht sich nur noch von Ferne. Immer ist die Angst vor dem Virus da. Herzte man sonst auch schon mal die langjährige Nachbarin oder Freunde zur Begrüßung, hält jetzt jeder jeden auf Abstand. Sie hofft, dass ich nicht darüber lache, wenn sie gesteht, dass ihr – trotzdem sie ja zum Glück noch ihren Mann hat – die Kontaktbeschränkungen fast körperlich wehtun. Im letzten Jahr war es so, dass eine verwitwete Bekannte von ihr in eine regelrechte Depression fiel, als klar wurde, dass die entfernt wohnenden Kinder wieder nicht zum Weihnachtsfest kommen werden. Einfach aus Angst davor, der Mutter – aufgrund des Alters und der Vorerkrankungen – eventuell zu schaden. Manchmal hat auch sie die Befürchtung, kurz vor so einer Depression zu stehen.
Ich musste ihr leider bestätigen, dass sie da absolut kein Einzelfall ist und dass ich sie sehr gut verstehen kann.
Wobei die Erkenntnis selber – in Bezug auf die Wichtigkeit von Körperkontakt und Umarmungen – kein Thema der Neuzeit ist. Schon Virginia Satir, eine US-amerikanische Psychotherapeutin und sicher eine der bedeutendsten Familientherapeutinnen ihrer Zeit, die von 1916 bis 1988 gelebt hat, soll den vielzitierten Satz:
„Wir brauchen vier Umarmungen am Tag zum Überleben, acht Umarmungen am Tag zum Leben und 12 Umarmungen am Tag zum innerlichen Wachsen“
publiziert haben. Da sind die oben genannten 16 Umarmungen um glücklich zu sein, doch ganz passend.
Und bringen wir diese Zahlen mit den oben erwähnten gesundheitlichen Auswirkungen zusammen, bekommt auch eine Statistik aus dem Jahre 2021 eine große Bedeutung.
2021 wurden in Deutschland weit über 16 Millionen Einpersonenhaushalte registriert (Quelle).
Studien belegen ganz klar: Wer einsam ist und ohne Partner lebt, hat eine kürzere Lebenserwartung und ein höheres Krankheitsrisiko. Das könnte auch mit dem Mangel an Körperkontakt zusammenhängen, unter dem diese Menschen oft leiden (Quelle und weitere Informationen).
Verschiedene Studien mit Mäusen und Menschen haben auch gezeigt, dass Berührungen das Immunsystem stärken. Mäuse, die eine Woche lang täglich massiert wurden, hatten danach eine deutlich gestärkte Abwehrreaktion. Menschen, die jeden Tag umarmt werden, sind weniger anfällig für Erkältungen.
Berührung kann aber noch mehr
Massagen werden zum Beispiel auch ergänzend zur Behandlung von Krebs eingesetzt, vor allem um die Nebeneffekte von klassischer Chemotherapie und Bestrahlung zu lindern. Verschiedene Meta-Studien haben gezeigt, dass Massagetherapien helfen, bei Krebspatienten Ängste abzubauen, Depressionen entgegenzuwirken und sogar Schmerzen zu mindern. Und auch für das Herz ist Körperkontakt gut. Eine Studie hat gezeigt, dass 20 Sekunden Umarmung, gefolgt von 10 Minuten Hand-Halten, den Blutdruck und den Herzschlag senken. Die Autoren der Studie glauben, dass regelmäßiger Körperkontakt einer der Gründe ist, weshalb Menschen in stabilen Partnerschaften ein geringeres Risiko für Herzkreislauferkrankungen haben.
Es ist nicht die Berührung allein
Berührungen können zwar nicht heilen – aber sie können unserem Körper offenbar helfen, besser mit Krankheiten fertig zu werden. Wie das genau funktioniert, ist nicht abschließend geklärt. Klar ist aber: Die Berührung alleine hat wenig Effekt. Wichtig ist die Verbindung von Haut und Gefühlen. Durch die Ausschüttung von Oxytocin, nach einer angenehmen Berührung, werden Stresshormone im Körper abgebaut. Das reduziert nicht nur Ängste, sondern stärkt auch das Abwehrsystem. Denn ein Teil der Stressreaktion des Körpers ist die Unterdrückung von Immunfunktionen. Außerdem hat Oxytocin im Körper eine schmerzstillende Wirkung (Quelle u.a.).
Bei meiner Recherche zu diesem Thema las ich auch einen Bericht von Professor Martin Grunwald. Er ist unter anderem Buchautor („Homo Hapticus“), Psychologe und Gründer des Haptik-Labors an der Medizinischen Fakultät der Uni Leipzig und erforscht seit Jahren, warum wir ohne Tastsinn nicht leben können. Auch er bestätigt, dass durch Umarmungen – mit den entsprechenden Voraussetzungen – Glückshormone wie Serotonin ausgeschüttet und Stresshormone reduziert werden, Blutdruck und Herzschlag sinken und das allgemeine Wohlbefinden steigt. Und lt. Grundwald, wisse man auch:„Je vertrauter die andere Person ist, umso stärker sind die Umarmungswirkungen„.
Doch wie viele Berührungen und Umarmungen sind gesund?
Das ist individuell ganz verschieden. Wie viel solchen direkten Körperkontakt ein Mensch in seinem Leben zulassen kann, hängt entscheidend damit zusammen, wie viel er davon in den ersten 12 bis 18 Lebensmonaten bekommen hat. Ein Kind, das viel körperliche Zuwendung genießen konnte, wird höchstwahrscheinlich auch als Erwachsener Berührungen und Umarmungen gegenüber besonders aufgeschlossen sein. „Der Mensch hat, wie alle anderen Säugetiere auch, ein Bedürfnis nach Körperkontakt, das außerhalb der Sexualität liegt„, betont Grunwald, „denn jegliche Art von Körperkontakt ist auch eine Form der Kommunikation„.
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Über Wirksam Heilen:
Der Verlag „Wirksam heilen“ ist ein Herzensprojekt das von Bärbel Puls im Jahr 2014 gegründet wurde.
Aufgrund eigener, gesundheitlicher Probleme beschäftigte sich Frau Puls bereits sehr früh und sehr intensiv mit diversen Erkrankungen sowie wirksamen Naturheilverfahren. Im Jahr 2006 gründete sie das Schüssler-Forum, das schnell eine wichtige Anlaufstelle für viele Menschen mit gesundheitlichen Problemen in Deutschland wurde. Im Jahr 2014 wurde dann „Wirksam Heilen“ ins Leben gerufen, ein umfassendes Compendium und digitales Nachschlagewerk zu einer Vielzahl von Erkrankungen und Gesundheitsproblemen sowie alternative und wirksame Behandlungsmethoden dazu. Beide Projekte wurden im Dezember 2022 von BENE NATURA D.O.O. – Geschäftsführer Stefan Lackermeier – übernommen. Bärbel Puls wird als Gastautorin weiterhin Beiträge veröffentlichen.
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